Osteoporose

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Dr. Andrea Trombetti & Pr. René Rizzoli

Abteilung für Rehabilitation und Geriatrie, Abteilung für Knochenkrankheiten, Hôpital Cantonal, Genf

Februar 27, 2022

Osteoporose ist eine Erkrankung, die unsere Knochen schwach und brüchig macht. Dadurch werden sie anfälliger für Frakturen und Brüche. Je nach Schweregrad der Osteoporose kann sogar etwas so Einfaches wie Husten einen Bruch verursachen. Am häufigsten treten Frakturen im Handgelenk, in der Hüfte oder in der Wirbelsäule auf. Das Problem bei dieser Krankheit ist, dass sie stumm verläuft. Das bedeutet, dass man die Schwächung der Knochen nicht spürt, so dass eine Fraktur oder ein Bruch normalerweise das erste Anzeichen ist. Osteoporose ist keine Seltenheit: Weltweit leiden über 200 Millionen Menschen an dieser Krankheit. Zu den Risikofaktoren gehören die Menopause, das Alter, schlechte Ernährung, Bewegungsmangel, Rauchen und vieles mehr.

Möchten Sie mehr darüber erfahren? Lesen Sie den Artikel von Dr. Andrea Trombetti & Pr. René Rizzoli.

Altersbedingte Knochenkrankheiten

Die Osteoporose ist eine der häufigsten und dramatischsten Krankheiten der älteren Bevölkerung. Nach Schätzungen erleiden rund 30 bis 40% der Frauen und 10 bis 15% der Männer über 50 Jahre eine so genannte “osteoporotische” Fraktur (infolge einer kleineren Verletzung) am Schenkelhals, an der Wirbelsäule oder am Handgelenk. Die derzeit schon sehr besorgniserregende Situation wird sich weiter verschärfen und die Aussichten sind schon aufgrund der Altersstruktur der Bevölkerung besonders beunruhigend. Frauen sind häufiger von Osteoporose betroffen (in 7 von 10 Fällen). Für diesen Unterschied gibt es mehrere Gründe. Beim Mann sind die Knochen bei Abschluss des Wachstums grösser (und damit widerstandsfähiger), es gibt keine Entsprechung zur “Menopause” (obschon die Hormonsekretion auch beim Mann mit dem Alter abnimmt) und die Männer haben eine geringere Lebenserwartung (d.h. die Krankheit hat zum Ausbrechen “weniger Zeit”).Zur Entwicklung der Osteoporose tragen zahlreiche Faktoren bei. Die Vererbung spielt eine grosse Rolle (zahlreiche Gene sind beteiligt), besonders die bei Abschluss des Wachstums erreichte Knochenquantität (Dichte der Knochenmasse) (Abbildung 1). Zahlreiche andere Risikofaktoren spielen ebenfalls eine Rolle. Bei der Frau ist der wichtigste Faktor die endgültige Einstellung der Östrogensekretion durch die Eierstöcke (Menopause).

Wie äussert sich die Krankheit?

Die Krankheit macht sich durch Knochenbrüche bemerkbar, die bei leichteren Verletzungen (einfacher Fall des aufgerichteten Betroffenen) auftreten. Die Knochenbrüche betreffen besonders häufig Schenkelhals, Handgelenk, Wirbelknochen und Kopf des Oberarmknochens (Schulteransatz). Frakturen an Wirbelknochen stehen am Anfang eines Grössenverlusts und der charakteristischen Verkrümmung des Rückgrats oder “Kyphose” (bucklige Haltung des Patienten) (Abbildung 2). Frakturen des Oberschenkelhalses bilden die häufigste Komplikation der Osteoporose in Bezug auf Sterblichkeit, Funktionsbehinderung und medizinischen Betreuungsbedarf. Nach einer neueren Studie sterben mehr als 20% der Patienten innerhalb eines Jahres nach der Fraktur. Die Lebenserwartung verkürzt sich bei beiden Geschlechtern um rund 5 bis 6 Jahre. Von denen, die sich erholen, und die vorher unabhängig lebten, zwingt das Ereignis 20% zum endgültigen Verlassen ihrer Wohnung oder ihrer familiären Umgebung und zum Eintritt in eine Institution.

Die Krankheit kann lange unbemerkt bleiben und weder Schmerzen noch Knochenbrüche verursachen. In diesem Stadium kann sie durch eine Mineralometrie diagnostiziert werden.

Gibt es Mittel zur Vorbeugung und Behandlung?

Welche vorbeugenden Massnahmen gibt es gegen diese Krankheit? Der Calcium-Bedarf muss mit mindestens 1000 mg pro Tag gedeckt werden. Zur Deckung des Bedarfs wird empfohlen, täglich 3 calciumreiche Nahrungsmittel zu verzehren. Durch eine calciumreiche Ernährung in der frühen Kindheit vor der Pubertät kann die Knochendichte verbessert werden. Die medikamentöse Ergänzung mit Calcium und Vitamin D ist bei älteren Personen wirkungsvoll, um Knochenbrüchen vor allem am oberen Ende des Oberschenkels vorzubeugen.

Zur Erhaltung der Knochendichte des älteren Menschen leisten auch Proteine einen wesentlichen Beitrag. Die empfohlene Menge ist 1 g/kg Körpergewicht. Die Proteine in unserer Ernährung sind tierischer und pflanzlicher Herkunft. Die im Getreide vorhandenen Proteine müssen mit Hülsenfrüchten ergänzt werden, um den Wert tierischer Proteine zu erreichen. Zur Deckung des Proteinbedarfs wird empfohlen, ein bis zweimal täglich Fleisch oder ein anderes proteinhaltiges Nahrungsmittel zu verzehren.

Empfohlen wird auch regelmässige körperliche Betätigung. Das Muskeltraining zielt auf eine Stärkung der Muskulatur (wodurch das Unfallrisiko reduziert wird), aber auch der Knochen. Mit einem kräftigen Marsch dreimal pro Woche während mindestens 20 Minuten erreicht man bereits eine gute Schutzwirkung. Ein besonderes Gymnastikprogramm (Osteogymnastik) unter der Leitung von Fachleuten wird in allen Regionen angeboten (Programm erhältlich bei der Rheumaliga in Ihrem Kanton). Allerdings muss man dazu wissen, dass gewisse Übungen bei sehr zerbrechlichen Knochen schädlich sein können.

Eine wichtige vorsorgliche Massnahme besteht darin, mögliche Ursachen von Stürzen soweit wie möglich zu vermeiden (keine schweren Lasten tragen, Teppiche am Boden befestigen, gutes Schuhwerk mit griffigen Sohlen tragen…).

Zum Schutz der Hüften gibt es spezielle Hilfen, eine Art Kissen, die das Risiko von Schenkelhalsbrüchen reduzieren.Trotz ihrer Wirksamkeit können sich all diese Massnahmen als ungenügend erweisen, um durch eine Osteoporose bedingte Knochenbrüche zu vermeiden. Es gibt aber auch mehrere medikamentöse Therapiemöglichkeiten. Die Hormonersatztherapie ist ein wirksames Mittel, um den beschleunigten osteoporotischen Knochenverlust nach der Menopause zu verlangsamen. Sie beugt Frakturen vor allem des Oberschenkelhalses vor und verhindert Symptome des Klimakteriums wie Hitzewallungen, Gemütsschwankungen, trockene Haut und Schleimhäute. Die wichtigste Gegenanzeige ist eine Zunahme des Brustkrebsrisikos nach 5- bis 10-jäh-riger Therapie. Glücklicherweise bestehen noch andere Möglichkeiten. Eine davon ist der Einsatz eines Medikaments aus der Familie der “SERMS” (selektive Östrogen-Rezeptoren-Modulatoren).

Als einziges derartiges Präparat ist derzeit Evista ® im Handel. Weitere befinden sich in der Entwicklung. Dabei handelt es sich um den Östrogenen nahe Hormonderivate, deren Hauptvorteil in der Senkung des Brustkrebsrisikos besteht. Ein bemerkenswerter Nachteil ist, dass sie bei Einnahme während der Menopause Hitzewallungen auslösen oder verstärken können. Bei der anderen grossen Medikamentenfamilie, die zur Osteoporoseprävention eingesetzt wird, handelt es sich um die Bisphosphonate. Diese Medikamente sind abgesehen von gelegentlichen Verdauungsstörungen gut verträglich.

Die beiden Therapieklassen SERM und Bisphosphonate kommen auch zur Behandlung einer bereits etablierten Osteoporose zum Einsatz und sind in dieser Situation hervorragend wirksam. Sie erhöhen den Mineralgehalt und vermindern die Frakturrate um 40 bis 50%. Sie stellen gegenwärtig die Behandlung der Wahl dar. Hingegen gestatten Wirkstoffe, welche die Knochenbildung stimulieren, den Wiederaufbau von mechanisch geeignetem Knochen. Vor kurzem kam das Parathormon (Forsteo ®), ein Anabolikum, auf den Markt und in naher Zukunft dürften weitere Behandlungsmöglichkeiten folgen (insbesondere Strontiumranelat).

Wenn durch eine Senkung der Wirbelsäule Schmerzen entstehen, die durch Schmerzmittel schwer zu kontrollieren sind, kann eine Zementinjektion in den angebrochenen Wirbel (“Vertebroplastie”) durchgeführt werden. Diese kann die Schmerzen lindern. Die Osteoporose ist ein Problem für die öffentliche Gesundheit und eine echte Herausforderung. Zur Erkennung gefährdeter Personen stehen effiziente diagnostische Werkzeuge zur Verfügung. Es gibt viele und wirkungsvolle therapeutische Möglichkeiten. Deren Rangordnung und vor allem der Platz der Hormontherapie sowie die Behandlungsstrategie (Wahl der zuerst einzusetzenden Medikamente, Behandlungsdauer…) bleiben noch genau zu bestimmen. In naher Zukunft dürften Medikamente mit neuartigem Wirkmechanismus zur Verfügung stehen, die sich durch ihre stimulierende Wirkung auf die Knochenbildung auszeichnen.

Wir haben die Mittel, um den Verlauf dieser furchtbaren und tückischen Krankheit wesentlich zu mildern, doch das Bewusstsein für ihre Bedeutung muss erst noch erwachen.

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