Das Sehvermögen ist einer der wichtigsten Sinne. Es gibt zahlreiche Sehprobleme, die alle leicht bis schwerwiegend sein können. Die altersbedingte Makuladegeneration betrifft die Mitte des Sehvermögens. Sie tritt meist bei Menschen über 60 Jahren auf. Zum Glück führt sie nicht zur völligen Erblindung, aber sie kann das tägliche Leben beeinträchtigen. Die genaue Ursache ist noch unbekannt, aber die Krankheit scheint bei Menschen, die rauchen, schneller zu verlaufen. Es gibt auch zwei Arten von AMD. Die erste ist atrophisch, d. h. trocken, die zweite ist neovaskulär, d. h. feucht. AMD ist zum Glück behandelbar.
Möchten Sie mehr darüber erfahren? Lesen Sie weiter im Artikel von Pr. Marc D. de Smet.
Nachweis und Behandlung
Das Augenlicht ist ein kostbares Geschenk. Wir benutzen unsere Augen das ganze Leben lang, ohne uns gross um sie zu kümmern oder uns ihrer Bedeutung für unser Wohlbefinden bewusst zu sein. Wenn die Mobilität mit dem Alter abnimmt, unterstützt uns das Sehvermögen bei Freizeitbeschäftigungen und beim Ausgleich bestimmter Gleichgewichts- und Beweglichkeitsschwächen. Denn dadurch, dass wir sehen, wohin wir gehen, können Informationen, die wir von anderen Sinnesorganen erhalten, kompensiert werden.
Das Auge – ein lichtempfindliches Organ
Das Auge ist die biologische Kamera, die uns das Sehen ermöglicht. Als das spezialisierte Organ schlechthin erkennt es Bilder – in fast völliger Dunkelheit bis hin zu gleissendem Sonnenlicht, tagein, tagaus, ohne jemals müde zu werden. Die Hornhaut und die Augenlinse wirken wie eine Lupe und bündeln das Licht auf der Netzhaut, dem sich hinten auf der innersten Schicht der Augapfelschale befindenden, sehenden Teil des Augapfels. Das hinten im Auge gebündelte Licht stimuliert die lichtempfindlichen Zellen, durch die unsere visuelle Wahrnehmung erst entsteht, und hat eine perfide Eigenschaft. Das Licht ist nämlich die Ursache für Oxidation und Alterung. Das intensive Licht, das sich hinten im Auge besonders in der Region der für unsere Sehschärfe verantwortlichen Makula, dem sogenannten Gelben Fleck, konzentriert, ist für die Entstehung von Giftstoffen verantwortlich. Diese werden von der Hilfszelle der Netzhaut, dem retinalen Pigmentepithel, neutralisiert und eliminiert. Diese Schicht eliminiert die Produkte, die aus dem Zusammentreffen von intensivem Licht, Sauerstoff und Proteinen (von Augen und Körper hergestellte Teilchen) entstehen, so weit wie möglich. Für diesen Kampf benötigt das Pigmentepithel verschiedene Oligoelemente, die im Allgemeinen Antioxidantien genannt werden. Mit ihrer Hilfe kann es die durch den Sehvorgang produzierten Schadstoffe wirksam neutralisieren und schlucken. Wenn das Gleichgewicht in diesem Kampf in Richtung des Feindes kippt, dann stösst das retinale Pigmentepithel die teilweise verdauten Abfälle nach aussen ab. Diese lagern sich in unterschiedlich grossen Ansammlungen, die ein Spezialist im betroffenen Auge erkennen kann, ab. Das Auftreten dieser Drusen ist das erste Anzeichen einer altersbedingten Makuladegeneration (AMD).
Die altersbedingte Degeneration
Die AMD tritt besonders ab dem 60. Altersjahr auf. Sie trifft Männer und Frauen gleichermassen, es gibt keine Unterschiede in der Häufigkeit. Hingegen schreitet sie bei Rauchern schneller fort, besonders bei Rauchern mit einer familiären Vorgeschichte oder einer genetischen Prädisposition. Sie ist in allen Kulturen zu finden, häufiger jedoch in jenen, deren Ernährung hauptsächlich aus verarbeiteten Agrarprodukten besteht. In der Schweiz sind rund 200 000 Personen betroffen, jährlich kommen 7 500 neue Patienten hinzu.
Es gibt zwei Typen von AMD. Die atrophische (trockene) AMD tritt bei der Mehrheit der Patienten (80 Prozent) auf. Sie schreitet langsam voran und erschwert allmählich die Lesefähigkeit, später das Erkennen von Gesichtern und verunmöglicht das Autofahren. Sie manifestiert sich durch das Auftauchen eines gräulichen Flecks in der Mitte des Sehfelds, der den Bewegungen des Auges folgt. Dieser Fleck wird mit der Zeit immer undurchsichtiger und nimmt mehr Platz in der Sehfeldmitte ein. Diese Verschlimmerung dauert mehrere Jahre und führt nicht zur völligen Blindheit. Der zweite Typ ist die neovaskuläre (auch feuchte) AMD, die einen plötzlichen Rückgang der Sehkraft verursacht. Sie manifestiert sich manchmal durch einen Fleck in der Mitte des Sehfelds, häufig aber durch eine Krümmung in der Mitte von Linien wie etwa Kreuzworträtseln oder Gebäudekanten. Wie eine Rauchfahne, die einen erwachenden Vulkan überragt, so ist diese Krümmung ein wichtiges Vorzeichen. Auf die durch eine Anhebung der Netzhaut aufgrund einer Flüssigkeitsabsonderung unter die Retina ausgelöste Krümmung folgt ein plötzlicher Sehkraftverlust, sobald sich neue Blutgefässe in den unter der Netzhaut liegenden Schichten bilden. Diese Neovaskularisationen verursachen selbst oder durch ihre Brüchigkeit Falten in der Netzhaut und mindern so ihre Fähigkeit, Licht wahrzunehmen und das Lichtsignal an das Gehirn weiterzuleiten. Die brüchigen Blutgefässe neigen zu Blutungen, was einen plötzlichen Sehverlust auslöst. Die neovaskuläre AMD verläuft also nicht subtil, sonder ist mit einer unerwarteten, schweren Veränderung assoziiert. Von einem Tag auf den anderen verliert der Betroffene möglicherweise die Fähigkeit zu lesen oder Gesichter zu erkennen. Diese Form ist in den meisten Fällen für eine durch AMD verursachte Sehunfähigkeit verantwortlich.
Die Behandlung der AMD
Glücklicherweise gibt es Behandlungsmöglichkeiten, um die Folgen der Erkrankung zu verringern und sogar einen Teil der verlorenen Sehfähigkeit zurückzuerlangen. Das Risiko lässt sich durch eine angemessene Zufuhr von Vitaminen und Antioxidantien deutlich senken. Mehrere Studien, darunter die AREDS-Studie in den USA, haben aufgezeigt, dass speziell dafür konzipierte Vitamine den Wandel und das Auftreten von neovaskulärer AMD reduzieren, ohne das Risiko jedoch vollständig zu eliminieren. Bei einer feuchten AMD ist es wichtig, so früh wie möglich nach dem Einspriessen neuer Blutgefässe mit einer Therapie zu beginnen. Je schneller man mit der Therapie beginnt, desto besser lässt sich das verlorene Sehvermögen wieder herstellen. Die meisten dieser Behandlungen zielen auf die Verlangsamung des Verlaufs ab und müssen manchmal über Jahre hinweg wiederholt und unablässig verabreicht werden. Gegenwärtig wird in erster Instanz die Verwendung von Antikörpern empfohlen, die das Neuwachstum von Blutgefässen hemmen. Diese Wirkstoffe, die Anti-VEGF, werden alle 4 bis 6 Wochen direkt ins Auge gespritzt. Bei gewissen Patienten kann die Frequenz nach den drei bis vier ersten Injektionen verringert werden, bei anderen muss die Behandlung mit Entzündungsmodulatoren kombiniert werden oder es sind Wundheilungspräparate zu verabreichen. Die Behandlungen müssen weitergeführt werden, denn werden sie unterbrochen, beginnen die Gefässe wieder neu zu wachsen oder unter die Netzhaut einzubluten. Dies führt zu einem noch grösseren Sehverlust.
Für diese schwierigeren Fälle bietet die vitreoretinale Chirurgie Lösungen. Der Chirurg kann dank einer Operation des Glaskörpers und der Netzhaut das Blut an den Rand des Sehfelds verschieben und so einen Teil des zentralen Sehens wiederherstellen. Doch dem Eingriff muss eine intensive Behandlung mit Spritzen folgen, um einer Neublutung vorzubeugen. Eine Alternative, auch für Patienten, die ständige Injektionen benötigen, ist eine Strahlentherapie der betroffenen Zone. Eine Strahlendosis wird während einer Operation (der Brachytherapie) direkt in die Wachstumszone der Gefässe abgegeben und hemmt sie langfristig. Zu diesem Ansatz laufen noch klinische Studien, er ist jedoch in Europa bereits zugelassen. Nach der Bestrahlung scheint es möglich zu sein, die Spritzen auf eine oder zwei innerhalb von 12 bis 24 Monaten zu reduzieren, ohne dass das Komplikationsrisiko (ausser für grauen Star) steigt. Die Brachytherapie wird seit über 100 Jahren in anderen Bereichen der Medizin praktiziert. Bei der Behandlung von Tumoren und Krebs funktioniert sie gerade durch die Zerstörung der Blutgefässe, die im Tumor wachsen. Für eine Anwendung am Auge und für die AMD musste die Entwicklung einer Vorrichtung abgewartet werden, mit der die Strahlungsquelle präzise und sicher ins Auge eingeführt und so eine Behandlung ausschliesslich der betroffenen Zone gewährleistet werden kann. Dies ist nun der Fall. Leider übernimmt die Grundversicherung diese Behandlung noch nicht. In Europa wird sie erst in wenigen Zentren angeboten, unter anderem in einer Klinik in der Schweiz (Clinique de Montchoisi).
Prävention und Nachweis
Wie erkennt man, dass man unter AMD leidet oder gefährdet ist? Wenn in Ihrer Familie bereits jemand darunter gelitten hat, sind Sie gefährdet. Je früher die AMD auftritt, desto grösser ist das Risiko. Es lässt sich aber nicht durch eine Augenuntersuchung bestätigen, man muss sich an einen Augenarzt wenden, damit er die richtigen Sehtests durchführen und die Gesundheit des Auges kontrollieren kann. Im Verlauf einer solchen Untersuchung versichert sich der Augenarzt, dass Sie keine AMD haben und auch keine Vorzeichen aufweisen. Gleichzeitig lässt sich sicherstellen, dass Sie kein Glaukom oder eine andere, sich spät manifestierende Augenerkrankung aufweisen. Eine gesunde Ernährung mit antioxidations-, xanthin- und luteinreichen Nahrungsmitteln (unter anderem rote Früchte und Spinat) senkt das Risiko weiter. Wenn Sie rauchen, ist es empfehlenswert, das Rauchen aufzugeben.
Wenn Sie einige der zu Beginn des Artikels beschriebenen Symptome aufweisen, dann sollten Sie einen Augenarzt aufsuchen. Eine Verschwommenheit im Sehzentrum, verzerrte Linien sind Frühzeichen von AMD, können aber auch durch andere Augenprobleme bedingt sein, von denen einige gutartig sind. Eine genaue Diagnose ist also wichtig. Jeder Augenarzt sollte eine solche Erkennung durchführen können, dagegen werden Behandlung und Nachverfolgung in den meisten Fällen von einem Netzhautspezialisten übernommen.
Zu Zeiten Platons glaubte man, das Auge sei eine Energiequelle, die ihre Umgebung beleuchtete. Das Gegenteil ist der Fall. Aber damit das Auge uns die Energie geben kann, die unser Leben erleuchtet, muss es gut funktionieren. Zum Glück ist heute bereits Vieles möglich, wenn man rechtzeitig eingreift. Es liegt an Ihnen, den ersten Schritt zu tun.
0 Kommentare