Harnwegserkrankungen treten auf, wenn etwas mit der Blase oder der Harnröhre nicht in Ordnung ist. Blasenentleerungsstörungen sind bei Männern im Alter zwischen 50 und 80 Jahren sehr häufig. Etwa 90 % der Männer in dieser Altersgruppe haben eine Art von Entleerungsstörung. Sie können durch eine Prostatahypertrophie, eine Instabilität des Detrusormuskels, eine Infektion der Harnwege oder der Prostata, Blasensteine und andere Ursachen verursacht werden. Die Symptome beim Urinieren lassen sich in Füllung, Entleerung und Miktionsbeschwerden unterteilen. Bei Miktionsstörungen und Versagen einfacher Maßnahmen werden Medikamente verschrieben. Es gibt auch einen chirurgischen Ansatz, der jedoch schwereren Symptomen vorbehalten ist.
Möchten Sie mehr erfahren? Lesen Sie den Artikel von Dr. Alain Sermier & Dr. Laurent Vaucher weiter.
Die unteren Harnwege bestehen aus der Blase und der Harnröhre und müssen als funktionelle Einheit betrachtet werden, die es ermöglicht, Harn zu speichern und auszuscheiden. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen sind Miktionsbeschwerden meist auf Probleme bei einer dieser grundlegenden Funktionen zurückzuführen. Probleme bei der Entleerung der Harnblase können in drei getrennte Kategorien von Symptomen unterteilt werden, abhängig davon, ob sie mit dem Speichern von Harn in der Blase oder der Blasenentleerung verbunden sind oder nach dem Harnlassen auftreten.
Häufige Beschwerden
Störungen bei der Harnentleerung können die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen. Sie weisen auf eine Erkrankung des Urogenitaltrakts hin. Die Ursachen für diese Miktionsbeschwerden sind zahlreich und können manchmal auf eine oder mehrere mögliche Diagnosen zutreffen, beispielsweise auf eine vergrösserte Prostata beim Mann, Nykturie (vermehrtes nächtliches Harnlassen) oder eine Schwäche des Kontraktionsmuskels der Blase.
Besonders bei Männern sind Miktionsbeschwerden sehr häufig. 90 % der Männer zwischen 50 und 80 Jahren leiden an einer unterschiedlich stark ausgeprägten Miktionsstörung. Die Symptome in Verbindung mit der Harnspeicherung treten mit zunehmendem Alter deutlich häufiger auf. Mit 40 sind 3 % der Männer betroffen, ab 75 sind es 42 %. Nach dem Auftreten der Symptome entwickeln sich diese unterschiedlich weiter. Ein Drittel der Patienten stellt mit der Zeit eine Verbesserung fest, ein Drittel bemerkt eine Stabilisierung und beim letzten Drittel verschlimmern sich die Symptome. Die Prävalenz der Nykturie hängt ebenfalls mit dem Alter zusammen. 69 % der Männer über 85 müssen nachts aufstehen, um Harn zu lassen, im Vergleich zu 49 % der Frauen.
Eine schwierige Diagnose
Das grösste Problem bei der Ermittlung der Ursache dieser Symptome besteht darin, dass sie nicht spezifisch für ein bestimmtes Organ oder eine bestimmte Krankheit sind und bei einer ganzen Reihe von Krankheiten beobachtet werden können. Die Symptome an sich ermöglichen daher keine Diagnose der zugrundeliegenden Störung. Ausserdem lässt die Schwere der Funktionsstörung auch keine Rückschlüsse auf die Schwere der Krankheit zu. Miktionsbeschwerden können im Rahmen von sehr unterschiedlichen Krankheiten auftreten:
– Vergrösserte Prostata, die zu einer Verstopfung führt
– Schwäche des Kontraktionsmuskels
– Harnwegs- oder Prostata
– Infektion
– Blasensteine
– Neoplasie der Blase oder der Prostata
– Neurologische Krankheit (multiple Sklerose, Schädigung des Rückenmarks …)
Die Suche nach möglichen Ursachen und den verbundenen Begleiterkrankungen ist ein wesentlicher Schritt der Behandlung von Patienten mit Miktionsbeschwerden. Blut im Urin, Harnwegsinfektionen in der Krankengeschichte und die Liste der Behandlungen sind wichtige, zu berücksichtigende Elemente. Der Miktionskalender ist ein einfaches, für alle verfügbares Hilfsmittel bei der Diagnose. Es genügt, die Häufigkeit der Blasenentleerungen, die Menge des ausgeschiedenen Harns, sowie die Menge der im Laufe des Tages zugeführten Getränke festzuhalten. Wenn der Kalender 3 – 4 Tage ausgefüllt wird, können Durchschnitt des ausgeschiedenen Harns und Häufigkeit der Blasenentleerungen objektiv ermittelt werden und es kann zudem eine eventuelle Umkehrung des Miktionszyklus aufgedeckt werden.
Unverzichtbare Zusatzuntersuchungen
Da die klinischen Anzeichen nicht spezifisch sind, sind paraklinische Untersuchungen bei der Diagnose der Ursachen für die Miktionsbeschwerden besonders wichtig. Eine Untersuchung des Urins mit einem Streifen, um Blut, Glukose, Leukozyten oder Proteine zu entdecken, ist unverzichtbar, ebenso wie eine bakteriologische Untersuchung des Urins, um eine mögliche Harnwegsinfektion zu erkennen. Bei einer vermuteten Niereninsuffizienz kann eine Bewertung der Nierenfunktion durch die Messung des Serumkreatinins erforderlich sein.
Je nach Art der Symptome kann der Facharzt eine Messung des Restharns nach der Blasenentleerung, eine Blasenspiegelung (Zystoskopie) oder eine Ultraschalluntersuchung der oberen Harnwege vornehmen oder eine urodynamische Untersuchung durchführen. Bei der urodynamischen Untersuchung werden die Reaktionen der Blase beim Füllen und Entleeren mithilfe von an Sonden befestigten Sensoren in Echtzeit untersucht. Diese Untersuchung kann ambulant durchgeführt werden und ermöglicht es, eine eventuelle Verstopfung oder eine mögliche Hyperaktivität der Blase zu erkennen (unkontrolliertes Zusammenziehen des Blasenmuskels). Bei weniger störenden Symptomen kann bereits mit einfachen Massnahmen wie dem Verzicht auf koffeinhaltige oder alkoholische Getränke und einer Behandlung mit Medikamenten, die die Blasenfunktion beeinflussen können, eine deutliche Verbesserung erzielt werden.
Miktionelle Beschwerden
Ein gezielter therapeutischer Ansatz
Bei störenden Miktionsbeschwerden und dem Scheitern von einfachen Massnahmen ist die Verschreibung von Medikamenten indiziert, die an die auftretenden Symptome angepasst werden. Auf dem Markt sind viele Moleküle verfügbar und häufig müssen mehrere verschiedene Medikamente getestet werden, um die richtige Behandlung zu finden.
Wenn die Miktionsbeschwerden stark sind oder die Medikamente keine ausreichende Wirkung zeigen, wird ein chirurgischer Eingriff vorgenommen. Bei einer vergrösserten Prostata (gutartige Prostata-Hyperplasie) ist eine endoskopische Desobstruktion über die natürlichen Wege indiziert. Hierbei können mehrere Verfahren zum Einsatz kommen: die mono- oder bipolare Resektion (TURP), die transurethrale Plasma- oder Laser-Vaporisation der Prostata (TUVP) oder die Enukleation mit dem Holmium-Laser (HoLEP). Komplikationen wie Harnwegsinfektionen, Blutungen oder Harnverlust nach der Desobstruktion sind selten, können jedoch vorkommen. In jedem Fall findet danach keine Ejakulation mehr statt, da der verringerte Widerstand auf der Höhe des Blasenhalses und der prostatischen Harnröhre zu einem verzögerten Samenerguss in der Blase führt. Daher wird diese Operation nicht durchgeführt, wenn der Patient Kinder zeugen möchte. In seltenen Fällen kann es nach dem Eingriff zu Erektionsstörungen kommen.
Wenn die Prostata klein ist (Gewicht < 30 Gramm) kann ausserdem ein cervico-prostatischer Einschnitt (Setzen eines Einschnitts am Übergang zwischen Blasenhals und Prostata mit einer koagulierenden Hakenelektrode) vorgeschlagen werden. Diese Option ist weniger aufwändig und birgt ein geringeres Blutungsrisiko, die Rückfallrate ist jedoch höher.
Bei einer ausgeprägten Prostata-Hyperplasie (Volumen der Prostata > 80 ml) wird eine offene Operation (Adenomektomie) vorgeschlagen, da eine derart grosse Prostata mit einer transurethralen Resektion durch die Harnröhre nicht möglich ist. Falls der Patient schon älter ist oder sein Zustand keinen chirurgischen Eingriff erlaubt, kann alternativ endoskopisch ein Stent in die prostatische Harnröhre eingesetzt werden.
Bei Funktionsstörungen der Blase (beispielsweise bei einer Hyperaktivität des Kontraktionsmuskels, die ab einem bestimmten Füllungsgrad der Blase zur Drangsymptomatik oder zu plötzlichem, unkontrolliertem Harnverlust führt, gibt es mehrere Alternativen, wenn anticholinerg wirkende Medikamente nicht ausreichen. Eine Injektion von Botulinumtoxin in den Kontraktionsmuskel reduziert die Symptome in den meisten Fällen oder lässt sie ganz verschwinden. Die Wirkung dieser Injektionen hält im Durchschnitt sechs Monate an und die Behandlung muss bei erneutem Auftreten der Symptome wiederholt werden. Das Hauptrisiko ist eine Harnsperre (Unmöglichkeit, die Blase zu entleeren), wenn die Wirkung zu stark ist.
Bei Belastungsinkontinenz (Harnverlust beim Husten, Niesen oder sonstigen Anstrengungen, die den Druck auf den Unterbauch erhöhen) kann ein künstlicher Schliessmuskel oder ein prothetisches Implantat (Netz) zur Suspension der Harnröhre eingesetzt werden. Auch hier besteht nach dem Eingriff das Risiko einer Harnsperre.
Grosse Mengen Restharn treten nur bei wenigen Patienten auf. Durch übermässigen Druck auf die Blase, der den Harn in die Nieren zurückfliessen lässt, können sie die Bildung von Blasensteinen oder eine Niereninsuffizienz fördern. Daher sind eine Verschlimmerung der Symptome oder die Zunahme des Restharns nach der Blasenentleerung Alarmsignale, die einen chirurgischen Eingriff erforderlich machen, vor allem, wenn die Prostata stark vergrössert ist.
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