Glaukom ist eine Erkrankung, die auftritt, wenn der Sehnerv geschädigt ist, was zu Sehverlust und möglicherweise sogar Erblindung führt. Es scheint eine Erbkrankheit zu sein, von der ältere Menschen über 60 am meisten betroffen sind. Es gibt derzeit Millionen von älteren Menschen, die an dieser Krankheit erkrankt sind, und es scheint keine Heilung dafür zu geben, wenn sie in ein fortgeschritteneres Stadium gewachsen ist. Es ist ein Prozess, der Zeit braucht und nicht weh tut, weshalb es äußerst wichtig ist, Ihre Augen häufig von Ihrem Augenarzt untersuchen zu lassen. Wenn es früh erkannt wird, besteht eine hohe Chance, dass es verhindert werden kann, Ihren Sehnerv weiter zu schädigen. Es gibt verschiedene medizinische Möglichkeiten und sogar Operationen, die durchgeführt werden können, um sie zu verlangsamen oder vollständig zu heilen.
Möchten Sie mehr wissen? Lesen Sie unten den Artikel von Prof. André Mermoud, Prof. Kaweh Mansouri und Dr. Kevin Gillmann.
Das Glaukom: Eine wenig bekannte Krankheit, die 80 Millionen Menschen betrifft
Bei einem Glaukom (auch Grüner Star genannt) bzw. Glaukomen handelt es sich um Augenerkrankungen, bei denen Schäden am Sehnerv zu einem schrittweisen und unumkehrbaren Sehverlust führen, der mitunter sogar in einer Erblindung des betroffenen Auges resultieren kann. Weltweit sind mehrere Dutzend Millionen Menschen von einem Glaukom betroffen und ihre Zahl steigt nach dem 60. Altersjahr exponentiell an. Dennoch wissen viele Betroffene nicht, dass sie an der Krankheit leiden.
Dies lässt sich dadurch erklären, dass die Krankheit langsam verläuft und in den ersten Stadien im Wesentlichen asymptomatisch ist. Erst spät führt das Glaukom zu einem Sehverlust, häufig ist zunächst das periphere Sehen betroffen, dann das zentrale Sehen. Eine frühzeitige Behandlung kann den Verlauf der Krankheit jedoch bremsen oder stoppen.
AUCH DER SEHNERV ALTERT…
Kurze Anatomielektion
Im Inneren des Auges befinden sich lichtempfindliche Zellen, die die Netzhaut (Retina) bilden. Die von der Netzhaut empfangenen Lichtsingale werden von Nervenfasern an das Gehirn weitergeleitet. Letztere gelangen durch ein Faserbündel, den Sehnerv, vom Auge ins Gehirn bis zum Occipitallappen, wo die Bilder ausgewertet werden. Wenn die Nervenfasern des Sehnervs beschädigt sind, geht somit ein Teil der von der Netzhaut empfangenen Lichtsignale verloren. Wir werden mit circa einer Million Nervenfasern geboren, bis zum 50. Lebensjahr verlieren wir auf natürliche Weise circa 2’500 pro Jahr, dann 7’500. Da sich die Nervenfasern nicht regenerieren können und die durch ein Glaukom verursachten Schäden irreversibel sind, ist die Prävention umso wichtiger.
Der genaue Prozess, der zum Verlust der Nervenfasern im Glaukom führt, ist noch nicht bekannt, man weiss jedoch, dass der Augeninnendruck eine wichtige Rolle spielt. Letzterer wird durch das Gleichgewicht zwischen der Bildung und der Ausscheidung der Flüssigkeit reguliert, mit der die vorderen Strukturen des Auges gefüllt sind: dem Kammerwasser. Diese Flüssigkeit wird von einem Abschnitt der mittleren Augenhaut namens Ziliarkörper sekretiert, der sich hinter der Iris befindet. Anschliessend zirkuliert sie um die Linse durch die Pupille, bevor sie das Auge durch das Trabekelwerk – ein Gewirr aus Zellen, das einen kreisförmigen Filter auf dem Rand der Iris bildet – verlässt und durch den Kammerwinkel abfliesst. Das Trabekelwerk leitet das Kammerwasser ins Venensystem ab. Ein kleiner Teil des Wassers fliesst im Rahmen des uveoskleralen Abflusses ausserdem über die Gefässe des Ziliarkörpers ab.
Es gibt zwei grosse Formen von Glaukomen: Offenwinkelglaukome und Winkelblockglaukome. Beide können spontan auftreten (primär) oder die Folge von anatomischen oder physiologischen Anatomien sein (sekundär).
EINE WEITER VERBREITETE KRANKHEIT ALS MAN DENKT…
Epidemiologie
Das Glaukom ist die weltweit häufigste Ursache für irreversible Erblindung. Schätzungen zufolge werden 2020 rund 80 Millionen Menschen weltweit von einem Glaukom betroffen sein und mehr als 11 Millionen werden ihr Augenlicht verloren haben. Zu den wichtigsten Risikofaktoren gehören das Alter, die familiäre Vorgeschichte, Kurzsichtigkeit (Myopie), afrikanische Wurzeln und die Feinheit der Hornhaut.
DIE VERSCHIEDENEN FORMEN VON GLAUKOMEN
Die wichtigsten Formen von Glaukomen
Erhöhter Augeninnendruck
Wie der Blutdruck wird auch der Augeninnendruck in Millimeter der Quecksilbersäule (mmHg) gemessen. Normale Werte liegen zwischen 9 und 21 mmHg. Er schwankt im Tagesverlauf stark, je nach Position und Aktivität. Wenn der Augeninnendruck erhöht ist, ohne dass eine Anomalie des Sehnervs vorliegt, ist zwar kein Glaukom vorhanden, es handelt sich jedoch um einen Risikofaktor. Das Risiko von Patienten mit nicht behandeltem Augeninnendruck, in den nächsten fünf Jahren ein Glaukom zu entwickeln, liegt bei 9,5%. Mit speziellen Augentropfen kann dieses Risiko halbiert werden.
Offenwinkelglaukom
In 90% der Fälle handelt es sich um ein Offenwinkelglaukom. Es ist durch einen offenen Kammerwinkel gekennzeichnet, der es dem Kammerwasser ermöglicht, ungehindert bis zum Trabekelwerk abzufliessen. Die progressive Verstopfung dieses Maschenwerks führt jedoch zu einer chronischen Erhöhung des Augeninnendrucks. Und letztere mit der Zeit zu einer Zerstörung der Nervenfasern, die wiederum zu einem Sehverlust führt.
Die Erhöhung des Augeninnendrucks ist meist geringfügig und asymptomatisch. Anfänglich ist das periphere Sehen beeinträchtigt, was in den frühen Stadien der Erkrankung oft unbemerkt bleibt. Die schrittweise Entwicklung über mehrere Monate oder Jahre führt in den fortgeschrittenen Stadien zu einem vollständigen und irreversiblen Sehverlust. Mit den aktuellen Behandlungsmöglichkeiten kann das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt oder gestoppt werden, eine Wiederherstellung der zerstörten Nervenfasern ist bislang jedoch nicht möglich. Daher müssen Risikofaktoren identifiziert und regelmässige Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden, um die Erkrankung frühzeitig zu erkennen, bevor die Sicht permanent beeinträchtigt wird. Eine frühzeitige Behandlung reduziert das Risiko des Fortschreitens der Erkrankung um 50%.
Ziel der Erstbehandlung ist es, den Augeninnendruck durch drucksenkende Augentropfen oder mithilfe einer Laserbehandlung des Trabekelwerks zu senken. Falls medikamentöse Behandlungen keine Wirkung zeigen, kann der Augeninnendruck mit zahlreichen chirurgischen Verfahren gesenkt werden. Ihr Ziel ist es, die Filtration des Kammerwassers zu verbessern, oder – in selteneren Fällen – seine Produktion zu reduzieren.
Normaldruckglaukom
Es kann vorkommen, dass sich ein Offenwinkelglaukom bei normalem Augeninnendruck entwickelt. In diesem Fall spricht man von einem Normaldruckglaukom. Die Diagnose wird gestellt, wenn der Sehnerv geschädigt oder das Sichtfeld beeinträchtigt ist, was auf ein Glaukom hindeutet, aber keine anderen Ursachen vorhanden sind. Obwohl der Augeninnendruck bei dieser Form normal ist, wurde nachgewiesen, dass er dennoch eine Rolle spielt. Wie bei einem Offenwinkelglaukom kann seine Senkung das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen.
Winkelblockglaukom
Das Winkelblockglaukom ist deutlich seltener als das Offenwinkelglaukom und im Gegensatz zu letzteren gehören Weitsichtigkeit und asiatische Wurzeln zu den Risikofaktoren für diese Glaukom-Form. Es tritt auf, wenn die Iris mit der Hornhaut in Kontakt kommt und der Kammerwinkel, durch den das Kammerwasser abfliesst, blockiert wird. Bei einem Winkelblockglaukom wird die Iris zum Kammerwinkel gezogen oder dorthin verdrängt, so dass die Kammerwasserdrainage im Bereich der Pupille physikalisch blockiert wird. Bei einem plötzlichen Verschluss mit einer kompletten Blockade spricht man von einem akuten Glaukomanfall. Bei einem intermittierenden Verschluss handelt es sich um ein chronisches Winkelblockglaukom.
Bei einem Glaukomanfall kommt es zu plötzlichen starken Augenschmerzen, begleitet von Augenrötungen, Übelkeit und einer Sehminderung. Die Erkrankung muss schnell diagnostiziert und behandelt werden, denn stark erhöhter Augeninnendruck kann den Sehnerv in nur wenigen Stunden schädigen. Das Behandlungsziel besteht in der Senkung des Augeninnendrucks, indem mit dem Laser eine kleine Öffnung in der Iris angelegt wird. Dieses Verfahren, die sogenannte Iridotomie, sorgt dafür, dass das Kammerwasser direkt durch die Iris ablaufen kann, und gleicht den Druck zwischen den Bereichen des Auges wieder aus, um den Glaukomanfall zu therapieren. Auch im gesunden Auge muss eine prophylaktische Iridotomie durchgeführt werden, um einen Anfall zu vermeiden.
Intermittierende oder chronische Winkelblockglaukome kennzeichnen sich durch einen gelegentlichen oder progressiven Verschluss des Winkels, der zu Druckspitzen führt, zumeist, wenn sich der Patient im Dunkeln und in einer liegenden Position befindet. Im Gegensatz zum akuten Glaukom sind sie häufig asymptomatisch und werden spät diagnostiziert. Die Behandlung besteht in erster Linie in einer Iridotomie.
EINE KRANKHEIT, KEIN UNABWENDBARES SCHICKSAL…
Behandlungen und chirurgische Eingriffe
Die Erstbehandlung von Offenwinkelglaukomen bei Erwachsenen erfolgt häufig durch drucksenkende Augentropfen. Letztere sind in vier grosse Klassen unterteilt: Prostaglandinanaloge, Betablocker, Carboanhydrasehemmer und Alpha-Agonisten. Die Wahl des Medikaments hängt von der Art des Glaukoms ab. Falls ein Augentropfenpräparat nicht ausreicht, sind Kombinationen möglich, um den Augeninnendruck zu kontrollieren. Wenn der Druck trotz einer Behandlung mit drei Klassen von Medikamenten erhöht bleibt, oder die Verwendung von Tropfen problematisch ist, wird eine chirurgische Behandlung in Betracht gezogen.
Die chirurgischen Optionen sind zahlreich. Am häufigsten wird versucht, einen künstlichen Filtrationskanal durch das Trabekelwerk zu einem künstlichen Bereich unter der Bindehaut anzulegen: der Filtrationsblase. Bei anderen Verfahren werden Filtrationsleitungen unter der Bindehaut oder tiefer, unter der Lederhaut, verwendet, um den Abfluss des Kammerwassers zu verbessern. Zudem gibt es Methoden, bei denen Schnitte angelegt oder winzigen Stents eingesetzt werden, die direkt auf das Trabekelwerk abzielen, um den Durchfluss des Wassers zu verbessern. Und schliesslich ermöglicht es die «Zyklodestruktion», den Ziliarkörper zu zerstören und somit den Augeninnendruck zu senken, indem die Produktion von Kammerwasser reduziert wird.
Laser können zu mehreren Zwecken verwendet werden. Bei manchen Offenwinkelglaukomen ermöglicht es eine lokalisierte Laserbehandlung des Kammerwinkels, die Filtration des Kammerwassers durch das Trabekelwerk zu erhöhen und somit den Augeninnendruck zu reduzieren. Diese Behandlung wird Trabekuloplastik oder SLT (Selective Laser Trabeculoplasty) genannt. Sie kann eine Alternative zu medikamentösen Behandlungen darstellen, ihre Wirksamkeit ist jedoch oftmals zeitlich begrenzt. Bei Winkelblockglaukomen ermöglichen es Iridotomien mit dem YAG-Laser, einen vollständigen Verschluss des Kammerwinkels zu vermeiden, indem auf der Iris eine Öffnung angelegt wird, um das Kammerwasser um die Blockade herum zu leiten. Mit Verfahren wie beispielsweise einer Iridoplastik kann die Neigung der Iris geändert werden, um sie von der Hornhaut zu trennen und den Kammerwinkel weiter zu öffnen.
DIE BEDEUTUNG DER VORSORGE: DAMIT MÜSSEN SIE RECHNEN…
Untersuchungen und Screenings
Um Glaukome frühzeitig zu erkennen, müssen die verschiedenen Risikofaktoren bewertet werden. Hierzu werden die eventuellen Symptome und die Vorgeschichte systematisch erfasst, der Augeninnendruck und die Dicke der Hornhaut werden gemessen, der Sehnerv und die Öffnung des Kammerwinkels werden untersucht. Der Augenarzt führt diese Untersuchungen mithilfe eines Applanationstonometers, eines Pachymeters, eines Ophthalmo-Mikroskops und eine Gonioskops durch. Bei Risikopatienten und Personen über 60 wird eine jährliche Vorsorgeuntersuchung empfohlen. In jedem Fall ist eine regelmässige Kontrolle durch einen Augenfacharzt wesentlich, um die Gesundheit der Augen zu garantieren und eine eventuelle Therapie einzuleiten oder gemäss dem Krankheitsverlauf anzupassen. Eine Glaukombehandlung darf niemals ohne Kontrolle abgebrochen werden und muss vom Augenarzt begleitet werden.
Bei Verdacht auf ein Glaukom müssen ergänzende Untersuchungen durchgeführt werden. Je nach Indikation kann Folgendes untersucht bzw. erstellt werden: das Sichtfeld, um die funktionale Beeinträchtigung des peripheren Sehens zu bewerten, eine Abbildung des Sehnervs durch OCT (OCT-RNFL), um die Dicke der Nervenfaserschichten zu visualisieren, eine Kurve des Augeninnendrucks im Tagesverlauf (CTO), um die Schwankungen zu messen, oder ein Pattern-Elektroretinogramm (P-ERG), das die Funktionsweise des Sehnervs untersucht.
DIE VERFAHREN DER ZUKUNFT…
Forschung und wissenschaftlicher Fortschritt
Die medizinische Forschung macht ständig Fortschritte, insbesondere im Bereich des Glaukoms. Unter den zahlreichen Forschungsprojekten ist die Entwicklung von Techniken zur Diagnose und Begleitung von Glaukomen besonders erwähnenswert, insbesondere die angiografische Untersuchung der veränderten Vaskularisierung der Netzhaut in dem von einem Glaukom betroffenen Auge, und die Entwicklung von durch künstliche Intelligenz unterstützten Erkennungsverfahren. Bei der Behandlung werden neue Therapien getestet, wie beispielsweise Rho-kinase-Hemmer, die in Form von Augentropfen verabreicht werden und möglicherweise nicht nur den Augeninnendruck senken, sondern auch die Vaskularisierung der Netzhaut verbessern. Im chirurgischen Bereich entstehen jedes Jahr neue Verfahren und Methoden für die filtrierende Glaukomchirurgie, wie zuletzt das Eyewatch-System, ein Ventil, das es ermöglicht, den Filtrationsdurchsatz des Kammerwassers nach einer Operation anzupassen. Die ehrgeizigsten Projekte der Zukunft zielen jedoch darauf ab, die durch die Erkrankung zerstörten Nervenzellen zu regenerieren, um Glaukome vielleicht eines Tages heilen zu können.
Zusammenfassung
- Das Glaukom bezeichnet eine Reihe von Augenerkrankungen, die zu einem beschleunigten Verlust von retinalen Nervenfasern führen.
- Bei der Geburt besitzen wir circa 1’000’000 Nervenfasern und verlieren durchschnittlich 5’000 pro Jahr. Ein Glaukom beschleunigt den Verlust und ist irreversibel.
- Schätzungen zufolge haben bis 2020 fast 11 Millionen Menschen ihr Augenlicht durch das Glaukom verloren.
- Der Augeninnendruck spielt eine wesentliche Rolle beim Verlauf des Glaukoms.
- Das Offenwinkelglaukom ist eine chronische, langsam und schleichend verlaufende Krankheit, die regelmässige Untersuchungen erfordert, um eine Erblindung zu vermeiden.
- Das Winkelblockglaukom kann akut oder chronisch sein. Die akute Form ist stark symptomatisch und erfordert eine schnelle augenärztliche Behandlung.
- Bei Erwachsenen werden Glaukome meistens zuerst mit drucksenkenden Augentropfen oder einer Laserbehandlung behandelt.
- Eine regelmässige Kontrolle des Glaukoms ist wesentlich, um das Fortschreiten der Krankheit zu erkennen und die Behandlung zu optimieren.
- Es gibt zahlreiche chirurgische Verfahren, mit denen Glaukome, die nicht auf medikamentöse Behandlungen anschlagen, Glaukome bei Kindern oder Fälle, in denen Augentropfen problematisch sind, zu behandeln.
0 Kommentare